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Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien /

Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit – Förderung exzessiver Nutzung

Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit

Förderung exzessiver Nutzung

Risiken für Kinder und Jugendliche können außerdem durch Angebote entstehen, deren Elemente eine exzessive Nutzung fördern. Digitale Medien üben auf Kinder und Jugendliche einen starken Reiz aus. Die
Faszination insbesondere von interaktiven Angeboten (soziale Netzwerke, Online-Spiele), auch in Kombination mit den Möglichkeiten mobiler Endgeräte, führt bei vielen Kindern und Jugendlichen zu langen Nutzungszeiten, die häufig zu Konflikten mit den Erziehungsberechtigten führen, aber nicht zwangsläufig negative Folgen für das soziale Leben und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen haben müssen. Je nach individueller Disposition kann sich bei einigen Kindern und Jugendlichen jedoch ein dauerhaftes problematisches Nutzungsverhalten entwickeln, das durch Verlust der Kontrolle über die eigene Mediennutzung sowie dauerhafte Vernachlässigung anderer Aktivitäten, sozialer Kontakte und alltäglicher Verpflichtungen gekennzeichnet ist und negative Folgen für das alltägliche Leben hat. Exzessive Nutzungszeiten können zudem die Wirkung gegebenenfalls vorhandener ängstigender oder sozialethisch desorientierender Elemente des Angebots verstärken.

Die Entwicklung eines exzessiven Nutzungsverhaltens kann durch zahlreiche angebotsinterne Faktoren gefördert werden. Diese sind in die Bewertung eines Angebots, insbesondere von Online-Spielen, einzubeziehen. Zu prüfen sind folgende Fragen:

Sind Game-Design und Belohnungssystem bei Online-Spielen so gestaltet, dass eine exzessive Nutzung gefördert werden kann?

Folgende Faktoren des Game-Designs können bei Online-Spielen zu einer exzessiven Nutzung beitragen:

  • unbegrenzte Spieldauer, z. B. in persistenten Spielwelten,
  • ein nicht erkennbares oder nicht erreichbares Spielziel,
  • die Möglichkeit, einen eigenen Spielcharakter individuell auf- und auszubauen, was zum einen mit einem erheblichen zeitlichen Aufwand einhergehen und zum anderen das Identifikationspotenzial erhöhen und die Bindung an das Spiel verstärken kann,
  • Spielhandlungen und Aufgaben, die innerhalb unterschiedlicher Zeitfenster erfüllt werden müssen,
  • Aufgaben, die komplex oder aufwändig sind und aufeinander aufbauen,
  • Push-Nachrichten, wenn neue Aufgaben im Spiel anstehen oder Aufgaben erledigt sind,
  • Belohnungssysteme, die komplex, unvorhersehbar oder unübersichtlich sind oder aus unterschiedlichen Einzelbelohnungen bestehen,
  • Honorierung regelmäßiger Nutzung mit Geschenken,
  • Bindung der Spieler:innen, wodurch sie in der Anfangsphase zunächst mit schnellen Erfolgen und Spielfortschritt geködert werden und später ein hoher zeitlicher Aufwand erforderlich wird.

Entstehen negative Konsequenzen durch Nicht-Spielen?

Wenn Spielpausen negative Konsequenzen wie Rücksetzung des Spielstandes oder den Verlust von Spielvorteilen oder virtuellem Eigentum nach sich ziehen, kann dies im Einzelfall die exzessive Nutzung fördern.

Fördern glücksspielähnliche Elemente eine exzessive Nutzung?

Wenn glücksspielähnliche Elemente in Online-Spielen enthalten sind, die reale, virtuelle Gewinne oder spielwerte Vorteile versprechen (z. B. Glücksrad, Tombola) und diese insbesondere immer wieder nach einer Wartezeit verfügbar sind, kann damit exzessives Spielverhalten verstärkt werden.

Sind soziale Elemente enthalten, die eine exzessive Nutzung befördern können?

Soziale Funktionen nehmen in den meisten aktuellen Online-Spielen einen hohen Stellenwert ein. Häufig können Aufgaben nur gelöst werden, wenn die Spieler:innen sich in Gruppen vereinigen, um gegen andere Gruppen anzutreten. Die sozialen Features fördern die Kommunikation und Kooperation bzw. den Wettbewerb zwischen den Spieler:innen. Der Aufund Ausbau von sozialen Kontakten kann den Spielanreiz erhöhen und dazu beitragen, dass Spieler:innen ein digitales Spiel exzessiv nutzen. Dies gilt insbesondere, wenn

  • die Unterstützung der Gruppe unerlässlich ist, um das nächste Level zu erreichen,
  • Spieler:innen aufgefordert werden, ihre Kontakte aus sozialen Netzwerken einzubinden (und dies belohnt wird),
  • Highscores und Spielfortschritte öffentlich gelistet, automatisch verschickt oder gepostet werden,
  • es sich um persistente Spielwelten handelt, in denen die Gruppe weiterspielt, auch wenn ein einzelnes Mitglied zwischenzeitlich pausiert. Dies kann bei den Spieler:innen die Angst provozieren, während der Spielpause etwas Wichtiges zu verpassen („Fear of Missing Out“) und so ebenfalls die exzessive Nutzung des Spiels befördern.