Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit
Weltanschauliche, religiöse und politische Extremismen
Die Darstellung politisch-weltanschaulicher Totalitarismen oder religiöser Fundamentalismen kann den genannten Erziehungszielen entgegenstehen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn solche Einstellungen offensiv und mit jugendaffinen Mitteln im Sinne von Gesellschaftsmodellen propagiert werden, die im Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. In Abwägung zur Meinungs- und Informationsfreiheit sind solche Angebote oder Inhalte insbesondere dann als gefährdend oder beeinträchtigend zu betrachten, wenn
- das Gewaltmonopol des Staates negiert wird,
- rechtsstaatliche und demokratische Instrumentarien zur Durchsetzung gesellschaftlicher Interessen als untauglich bewertet werden,
- die religiöse Freiheit bzw. freie Religionsausübung
- oder die sexuelle oder geschlechtliche Selbstbestimmung in Frage gestellt werden.
Gerade im Bereich des politischen Extremismus kann sich eine Eignung zur Beeinträchtigung der Entwicklung der Gemeinschaftsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen aus der Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und der ihr zugrunde liegenden Werte ergeben. Hierunter fallen z. B. Angebote, die
- die grundsätzliche Freiheit und Gleichheit jedes Individuums verneinen und stattdessen beispielsweise vom Prinzip der Volksgemeinschaft ausgehen, in der der/die Einzelne nichts und das Volk alles ist, oder von der Einteilung in „Gläubige“ und „Ungläubige“ ausgehen, wobei die als „ungläubig“ Markierten abgewertet oder angefeindet werden,
- in diskriminierender Weise Bevölkerungsgruppen für Missstände und Probleme verantwortlich machen,
- das grundgesetzlich festgelegte Mehrparteienprinzip bekämpfen und stattdessen ein Führerprinzip oder eine gottgewollte, absolute Ordnung propagieren,
- der Demokratie als Staatsform der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen und z. B. die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat bestreiten sowie seine Repräsentanten und die gesamte deutsche Rechtsordnung fundamental ablehnen,
- offen Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele bejahen,
- sich an der Ideologie des Nationalsozialismus oder anderen Ideologien der Ungleichwertigkeit orientieren oder
- den Wert von Menschen aus deren nationaler, ethnischer oder sozialer Herkunft, Geschlecht, Religion, aufgrund von rassistischen Zuschreibungen oder weiteren Merkmalen ableiten oder Menschen aufgrund dieser Merkmale oder aufgrund ihrer Weltanschauung, ihres körperlichen Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, sexuellen oder geschlechtlichen Orientierung usw. diskriminieren.
Angebote können den Erziehungszielen der Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen ferner widersprechen, wenn unter Missachtung der Ideale der universalen Freiheit und Gleichheit bzw. Gleichwertigkeit aller Menschen
- religiös begründeten Regeln Vorrang gegenüber weltlichen Gesetzen eingeräumt wird und religiöse Moralvorstellungen im Sinne einer Lebens- und Staatsordnung absolut gesetzt werden,
- die Ungleichbehandlung und Unterordnung von Bevölkerungsgruppen propagiert und als „gottgewollt“ und „natürlich“ legitimiert werden,
- geschlechtersegregierte Strukturen oder Kontaktbeschränkungen mit Absolutheitsanspruch propagiert werden und dies mit einer Minderwertigkeit der Betroffenen gerechtfertigt wird und/oder Betroffene dadurch auf diskriminierende Weise vom Zugang zu materiellen oder nicht-materiellen Ressourcen ausgeschlossen werden,
- Geschlechtervorstellungen reproduziert werden, die Eigenverantwortung negieren und Individuen zu bloßen Triebwesen reduzieren.
