Politischer Extremismus
Propagandamittel
Nach § 4 Absatz 1 Satz 1 JMStV sind Angebote unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit unzulässig, wenn sie:
„Propagandamittel im Sinne des § 86 des Strafgesetzbuches darstellen, deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist,“
§ 86 StGB richtet sich gegen das Verbreiten staatsfeindlicher Propagandamittel bestimmter verbotener oder mit einem Betätigungsverbot belegter Parteien oder Vereinigungen.
Zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung gehören maßgeblich die in § 92 Abs. 2 StGB definierten Verfassungsgrundsätze, z.B. die Volkssouveränität, die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung, die Bindung der Exekutive und der Judikative an Gesetz und Recht, das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, die Unabhängigkeit der Gerichte und der Ausschluss jeder Gewalt und Willkürherrschaft. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung umfasst insbesondere auch die Grundrechte, wie die Menschenwürde, das Toleranz- sowie das Gleichbehandlungsgebot.
Gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet sich ein Inhalt, wenn er sich gegen das friedliche Zusammenleben der Völker auf der Grundlage einer gewaltlosen Einigung wendet. Dem Gedanken der Völkerverständigung zuwider laufen daher kriegsverherrlichende oder völkerrechtswidrige Inhalte, die Rassen- oder Völkerhass propagieren.
Als Propagandamittel werden in § 86 Abs. 3 StGB Inhalte legaldefiniert, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Als Propaganda wird ein Inhalt in der Regel erst dann angesehen, wenn er eine „aktiv kämpferische, aggressive Tendenz gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ erkennen lässt. Propagandamittel im Sinne des § 86 StGB sind z.B. Inhalte, die die staatliche Ungleichbehandlung der Menschen oder eines europäischen Staates auf Grundlage einer arischen Rassengemeinschaft fordern. Ebenso wenn gefordert wird, dass Angehörige einer bestimmten Volksgruppe keine maßgebenden Posten im Staat bekleiden dürfen. Gleiches kann gelten, wenn beispielsweise Inhalte konkrete Aufrufe zur Vernichtung Israels oder antisemitische Hetze enthalten. Auch die Glorifizierung von Selbstmordattentäter:innen oder Kriegsverherrlichung bzw. -befürwortung kann unter das Merkmal der Propaganda subsumiert werden.
Nicht unter § 86 StGB fallen Inhalte, die auf die Familienpolitik im Dritten Reich verweisen oder die Rassenvermischung ablehnen, solange dadurch nicht gleichzeitig andere „Rassen“ herabgesetzt werden.
Als Tathandlung beim Verbreiten über das Internet kommt vor allem die Variante des öffentlichen Zugänglichmachens in Datenspeichern in Betracht. Der Inhalt eines Propagandamittels muss einer grundsätzlich unbeschränkten Vielzahl von Personen dadurch zur Kenntnis gebracht werden, dass er in elektronischer Form zum Abruf bereitgestellt oder übermittelt wird. Das geschieht z.B. durch Verbreitung über das Internet.
Ebenfalls ist nach § 86 Absatz 1 Nr.4 StGB die Verbreitung von Propagandamitteln, die dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen, unzulässig. Ehemalige nationalsozialistische Organisationen sind z. B. die NSDAP, ihre Gliederungen oder ihr angeschlossenen Verbände. Die Bestrebung muss sich aus dem Inhalt selbst ergeben. Motive des/der Verfasser:in des Inhalts oder des/der Verbreitenden sind ohne Belang.
