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Politischer Extremismus – 2. Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

Politischer Extremismus

Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

Nach § 4 Absatz 1 Satz 1 JMStV sind Angebote unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit unzulässig, wenn sie:

„Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Sinne des § 86a des Strafgesetzbuches verwenden,“

§ 86a StGB knüpft an die Vorschrift des § 86 StGB an und verbietet es, Kennzeichen verbotener oder mit einem Betätigungsverbot belegter Parteien oder Vereinigungen zu verbreiten oder zu verwenden. Mit dem Kennzeichenverbot wird beabsichtigt, Kennzeichen aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verbannen, um ein Wiederaufleben der Organisationen zu verhindern.

Nach der Legaldefinition des § 86a Absatz 2 StGB sind Kennzeichen namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformeln. Nach § 86a Absatz 2 Satz 2 StGB fallen auch solche Kennzeichen unter § 86a StGB, die den unzulässigen Kennzeichen zum Verwechseln ähnlich sind. Zum Verwechseln ähnlich ist ein Kennzeichen, wenn es eine unbefangene Person ohne weiteres für das Kennzeichen einer verbotenen Organisation halten kann. Entscheidend ist dabei nicht die sprachliche oder figürliche Ähnlichkeit, sondern vielmehr, ob der Anschein eines Kennzeichens einer verbotenen Organisation erweckt und dessen Symbolgehalt vermittelt wird.

Nach § 86a StGB unzulässig sind neben Symbolen wie dem Hakenkreuz und der SS-Siegrune auch Grußformen wie „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“. Daneben sind auch bestimmte Lieder nach § 86a StGB strafbar, z. B. das „Horst-Wessel-Lied“ und „Es zittern die morschen Knochen“. Dabei ist es auch ausreichend, wenn lediglich die Melodie in erkennbarer Weise verwendet wird. Aber auch ein Bild Hitlers kann ein strafbares Kennzeichen darstellen, sofern ein heroischer oder befürwortender Kontext erkennbar ist.

Zum Verwechseln ähnlich sind z. B. Abbildungen, die nur aus einer gewissen Entfernung als Hakenkreuz zu erkennen sind. Das gilt auch für den so genannten „Kühnen-Gruß“. Hierbei handelt es sich um eine abgewandelte Variante des „Hitlergrußes“ mit drei ausgestreckten Fingern statt mit der flachen Hand. Seit dem Verbot der FAP ist dieser Gruß ein verbotenes Kennzeichen, ohne dass es auf die Ähnlichkeit zum „Hitlergruß“ ankommt. Problematisch ist die Einordnung verschlüsselt wiedergegebener Kennzeichen. So ist in der rechtsextremen Szene häufig die Zahlenkombination „88“ anzutreffen. Dies steht für „Heil Hitler“ (die 8 steht jeweils für „H“ als 8. Buchstabe des Alphabets). Eine Einstufung als ein zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen scheitert daran, dass sie von einer unbefangenen Person ohne bestimmtes Hintergrundwissen nicht als Verschlüsselung für „Heil Hitler“ erkannt werden kann. Solch verschlüsselt wiedergegebene Kennzeichen können jedoch auf ein jugendgefährdendes Angebot hindeuten. Auch Emojis wie SS-Blitze können den Tatbestand erfüllen. Entscheidend ist auch hier der Kontext.