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Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien /

Politischer Extremismus – 2. Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

Politischer Extremismus

Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

Nach § 4 Absatz 1 JMStV sind Angebote unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit unzulässig, wenn sie:

„Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Sinne des § 86a des Strafgesetzbuches verwenden,“

§ 86a StGB knüpft an die Vorschrift des § 86 StGB an und verbietet es, Kennzeichen verbotener Parteien oder Vereinigungen zu verbreiten oder öffentlich oder in einer verbreiteten Schrift zu verwenden.

Ein Verbreiten einer Schrift liegt eigentlich vor, wenn der Inhalt persönlich und körperlich an einen größeren Personenkreis weitergegeben wird. Das ist nicht so bei der Bereitstellung der Schrift auf einer Website, da deren Übertragung nicht durch körperliche Weitergabe der Schrift erfolgt. Der BGH hat in einer Entscheidung zum Verbreiten kinderpornografischer Schriften im Internet einen neuen Verbreitungsbegriff aufgestellt. Danach soll bei Übertragungen im Internet ein Verbreiten gegeben sein, wenn eine Datei bei dem/der Internetnutzer:in angekommen ist, unabhängig davon, ob der/die Nutzer:in auf die Datei zugegriffen hat oder ob sie vom Anbieter übermittelt wurde. Ob diese Ausdehnung des Verbreitensbegriffes sinnvoll ist oder nicht, kann dahingestellt bleiben, da beim Bereitstellen solcher Inhalte auf einer Website immer die Tathandlung des öffentlichen Verwendens in Betracht kommt. Unter öffentlichem Verwenden versteht man jeden Gebrauch, der das Kennzeichen einem größeren und nicht zusammenhängenden Personenkreis wahrnehmbar macht. Darunter fällt das Verwenden eines Kennzeichens auf einer Website.

Nach der Legaldefinition des § 86 Absatz 2 sind Kennzeichen namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformeln. Nach § 86a Absatz 2 Satz 2 StGB fallen auch solche Kennzeichen unter § 86a StGB, die den unzulässigen Kennzeichen zum Verwechseln ähnlich sind. Zum Verwechseln ähnlich ist ein Kennzeichen, wenn es eine unbefangene Person ohne weiteres für das Kennzeichen einer verbotenen Organisation halten kann. Entscheidend ist dabei nicht die sprachliche oder figürliche Ähnlichkeit, sondern vielmehr, ob der Anschein eines Kennzeichens einer verbotenen Organisation erweckt und dessen Symbolgehalt vermittelt wird.

Nach § 86a StGB unzulässig sind neben Symbolen wie dem Hakenkreuz und der SS-Siegrune auch Grußformen wie „Heil Hitler“ oder „Sieg Heil“. Daneben sind auch bestimmte Lieder nach § 86a strafbar, z. B. das „Horst-Wessel-Lied“ und „Es zittern die morschen Knochen“. Aber auch ein Bild Hitlers kann ein strafbares Kennzeichen darstellen.

Zum Verwechseln ähnlich sind z. B. Abbildungen, die nur aus einer gewissen Entfernung als Hakenkreuz zu erkennen sind. Das gilt aber auch für den so genannten „Kühnen-Gruß“. Hierbei handelt es sich um eine abgewandelte Variante des „Hitlergrußes“ mit drei ausgestreckten Fingern statt mit der flachen Hand. Seit dem Verbot der FAP ist dieser Gruß ein verbotenes Kennzeichen, ohne dass es auf die Ähnlichkeit zum „Hitlergruß“ ankommt. Problematisch ist die Einordnung verschlüsselt wiedergegebener Kennzeichen. So ist in der rechtsextremen Szene häufig die Zahlenkombination „88“ anzutreffen. Dies steht für „Heil Hitler“ (die 8 steht jeweils für „H“ als 8. Buchstabe des Alphabets). Eine Einstufung als ein zum Verwechseln ähnliches Kennzeichen scheitert daran, dass sie von einer unbefangenen Person ohne bestimmtes Hintergrundwissen nicht als Verschlüsselung für „Heil Hitler“ erkannt werden kann. Solch verschlüsselt wiedergegebene Kennzeichen können jedoch auf ein jugendgefährdendes Angebot hindeuten.