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Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien /

Politischer Extremismus – 3. Volksverhetzung

Politischer Extremismus

Volksverhetzung

Nach § 4 Absatz 1 Satz 1 JMStV sind Angebote unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit unzulässig, wenn sie:

„zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,“

Dieser Absatz entspricht inhaltlich dem Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 Absatz 1 und 2 StGB

Er soll abgrenzbare Bevölkerungsteile vor einem Angriff auf die Menschenwürde, speziell durch Verbreiten von Inhalten, schützen. Angriffsobjekt sind Teile der Bevölkerung und nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppen. 

Teile der Bevölkerung im Sinne des § 130 StGB (Volksverhetzung) sind abgrenzbare Gruppen von Menschen, die sich durch gemeinsame Merkmale wie Herkunft, Religion, Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Weltanschauung oder soziale Stellung auszeichnen. Sie müssen objektiv bestimmbar sein, sodass eine klare Abgrenzung von anderen Gruppen möglich ist. Es genügt, wenn die Gruppe nach außen als Einheit wahrgenommen wird, unabhängig davon, ob die Mitglieder sich selbst als solche betrachten. Als Teile der Bevölkerung gelten nicht nur politische Gruppen, Richter:innen und Staatsanwält:innen, Soldat:innen, jüdische Menschen, Katholik:innen, Behinderte, Punker. Darunter fallen auch diffamierend oder diskriminierend gemeinte Bezeichnungen wie das N-Wort, das Z-Wort, „Asylbewerber, die objektiv keinen Anspruch auf Asyl haben“, „Gastarbeiter“ oder die Bezeichnung von Ausländer:innen, die in die BRD einreisen und hier Sozialleistungen bekommen als „Sozialparasiten“.

Nicht als Teile der Bevölkerung gelten nur vorübergehende Gruppierungen (z. B. Teilnehmende einer Demonstration, streikende Arbeiter:innen) und Institutionen (z. B. die Kirche, der Staat, der Zentralrat der Juden).

Das Tatbestandsmerkmal „Teile der Bevölkerung“ bezieht sich nur auf die Bevölkerung in Deutschland. Sind nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppen in entsprechender Größe im Inland vertreten, stellen sie zugleich einen durch § 4 Absatz 1 Nr. 3 JMStV geschützten Teil der Bevölkerung dar.

Unter Aufstacheln zum Hass versteht man ein zielgerichtetes Handeln, das dazu bestimmt ist, eine über die bloße Ablehnung oder Abneigung hinausgehende feindselige Haltung gegen Teile der Bevölkerung zu erzeugen oder zu steigern. Es muss sich um eine Stimmungsmache handeln, durch die der geistige Nährboden für Exzesse gegen die Bevölkerungsgruppe bereitet wird. Eine Aufstachelung zum Hass liegt z.B. vor, wenn behauptet wird, die Juden betrieben „als Urheber einer Vernichtungslegende die politische Unterdrückung und finanzielle Ausbeutung des Deutschen Volkes“. Oder wenn Asylbewerber:innen als „betrügerische Schmarotzer“ oder „Sozialparasiten“ dargestellt werden, „die auf Kosten der schwer arbeitenden deutschen Bevölkerung ein faules Leben führen und sich über die dummen Deutschen auch noch lustig machen“.

Eine Aufforderung zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen liegt vor, wenn eine bestimmte Aussage über eine bloße Befürwortung hinausgeht und der/die Auffordernde will, dass sie die rezipierende Person ernst nimmt. Hiermit sind z. B. Privatpogrome, Vertreibungen, Eingriffe in die Freiheit und Behandlungen, die mit einer wirtschaftlichen oder beruflichen Beeinträchtigung verbunden sind (Boykottaufrufe), gemeint. Parolen wie „Ausländer raus“ oder „Türken raus“ genügen allein nicht, da mit solchen Aufforderungen nicht in eindeutiger Weise Gewalt- oder Willkürmaßnahmen verbunden sind. Das wäre der Fall, wenn die Parolen mit der Aufforderung, gewaltsam Ausländer:innen aus dem Land zu vertreiben, verbunden wären.

Ein Angriff auf die Menschenwürde anderer durch Beschimpfen, böswilliges Verächtlichmachen oder Verleumden ist gegeben, wenn der Angriff den Menschen im Kern seiner Persönlichkeit trifft, indem er ihn unter Missachtung des Gleichheitssatzes als unterwertig darstellt und ihm das Lebensrecht in der Gemeinschaft bestritten wird. Das ist bei Äußerungen, wie z.B. „Ausländer wie Juden vergasen“ oder einer Gleichsetzung von Ausländer:innen mit Tieren der Fall. Auch auf einer rein bildlichen Ebene kann ein Angriff auf die Menschenwürde gegeben sein, wenn beispielsweise durch den bildlichen Kontext deutlich wird, dass Personen das Lebensrecht abgesprochen werden soll.